Russland 6

30.05. – 05.08.2017

Fahrstrecke: 14.795 km

Gesamtstrecke: 52.160 km

Strecke: Ulan Ude, Chita, M55, Skovorodino, M56, Khabarovsk, M60, Vladivostok, Slavyanka, Nachodka, Komsomolsk am Amur, Khabarovsk, M56, Never, M56, Tit-Ary, Jakutsk,

Komsomolsk


Komsomolsk


Am nächsten Tag erreichten wir Komsomolsk, das 1932 von Freiwilligen des Kommunistischen Jugendverbandes errichtet wurde, weil in dieser Gegend zwei Rüstungsbetriebe zur Produktion von U-Booten und Jagdflugzeugen entstehen sollten. Auch heute ist die Stadt die größte Industriestadt östlich des Baikalsees. Neben großzügigen Straßen, einer Uferpromenade am Amur und Architektur der 30er Jahre findet man natürlich auch die Stadtteile mit den typischen, oft tristen Plattenbausiedlungen der Sovjietzeit.

Komsomolsk


Am Denkmal für die Opfer des zweiten Weltkrieges war gerade eine offizielle Veranstaltung zu Ende gegangen und wir sahen nur noch wie sich Teilnehmer und Zuschauer in alle Richtungen zerstreuten. Da waren Jugendliche in Uniformen, behängt mit Orden und andere die im Stechschritt abmarschierten, für uns ein befremdliches Bild. Überhaupt ist uns aufgefallen, dass in Russland die Erinnerung an den 2. Weltkrieg sehr intensiv gepflegt wird mit Denkmälern, Paraden und Gedenkveranstaltungen.

Räucherfisch

Wir fuhren nun also dieselbe Strecke zurück bis Khabarovsk, und bogen dort wieder auf den Transsib – Highway, diesmal nach Westen bis Never, um dort den Weg nach Norden Richtung Yakutsk einzuschlagen.

Man sagt ja, dass Sibirien voller Mücken sei, aber bisher waren wir von den erwarteten Moskitoschwärmen verschont geblieben, genauer gesagt hatten wir in der Gegend von Vladivostok keine gesehen. Hier entlang des Amurs wurden es dann zunehmend mehr Stechmücken. Zu den bekannten Moskitos gesellten sich aber noch beißende Minifliegen (wie Sandfliegen), Kriebelmücken und große Bremsen. Egal zu welcher Tageszeit oder an welchem Ort, im Wald, Ufer oder Freifläche irgendein Blutsauger war sicher in der Nähe. Nun war es definitiv an der Zeit das Moskitonetz über unser Bett zu spannen, denn die Moskitonetze vor Paulchens Fenstern stellten nicht wirklich ein Hindernis für viele Insekten dar.




Die nächsten Tage waren Fahrtage, wir durchfuhren wieder Sumpflandschaften, wunderschöne Blumenwiesen und Taiga auf guter Teerstraße bis Never, wo wir nach Norden abbogen. Auf bester, neuer Straße ging es nun Richtung Jakutsk, dachten wir. Aber schon nach 30 Kilometern war dieser Traum zu Ende, Wellblechpiste. Insgesamt waren die folgenden 1150 Kilometer ein Mix aus allem, von bester Teerstraße bis zu schlechter Piste. Auch hier sind überwiegend LKW unterwegs, die die Versorgung der nördlichen Gebiete sicherstellen. Zwar ist eine Eisenbahnstrecke mit Anbindung an die BAM und Transsib nach Norden gebaut, doch fehlt noch die seit Jahren geplante kombinierte Eisenbahn- /Straßenbrücke über die Lena zum Zielbahnhof in Jakutsk.

Abzweig Magadan 3177km, Jakutsk 1056km




Je weiter man nach Norden kommt umso mehr überwiegen die Nadelwälder und diese werden immer lichter. Entlang der Straße lagen wenige Ortschaften, oft waren sie verlassen und nur noch die Ruinen der Wohnhäuser standen. Aber neue Aktivitäten waren auch zu bemerken, einmal der Straßenbau mit vielen kleinen Camps und Aktivitäten im Zusammenhang mit der Exploration der in Jakutien (Sacha) reichhaltig vorhandenen Bodenschätze. Allein an drei riesigen Camps von Gazprom kamen wir vorbei.






Etwa 100 Kilometer vor Jakutsk hatten wir die erste Möglichkeit an den Fluss Lena zu gelangen, die wir natürlich nutzten. Ein Stück flussabwärts lagen ein paar kleine Fähren, die auf Kundschaft warteten. (Die eigentliche Fährlinie zur Stadt Jakutsk liegt weiter nördlich, ist aber meist sehr stark ausgelastet.) Kurzentschlossen nahmen wir die nächste Fähre über die Lena und fuhren am nächsten Tag zunächst mal flussaufwärts Richtung Sinsk, also weg von Jakutsk, um einen Blick auf die berühmten Lena-Säulen zu werfen.

Lena-Fähre



Schon auf der Fähre meinte man, dass man nur bis Tit-Ary fahren könne. Wir wollten es nicht recht glauben, denn in unserer Reise Know-How Karte war doch eine gelbe Straße sogar bis ins 500 Kilometer entfernte Olekminsk eingezeichnet. Die mittelgute Piste führte weite Strecken inländisch durch sumpfige Wälder und Weideland bei den kleinen Dörfern. Wir näherten uns dem Dorf Tit-Ary, am Ufer der Lena gelegen, und mussten feststellen, dass die im Sommer befahrbare Straße hier abrupt endete. Von dort geht es dann nur noch mit dem Boot weiter, im Winter dagegen gibt es auf der zugefrorenen Lena sogenannte Winterstraßen, die weiter flussaufwärts führen. Wir kehrten also unverrichteter Dinge um, freuten uns dennoch diesen schönen Ausflug unternommen zu haben.










Am nächsten Tag erreichten wir Jakutsk, die kälteste Großstadt der Erde. Im Winter wird es hier durchaus bis -50°C und im Sommer auch schon mal über 30°C. So eine Hitzeperiode hatten wir erwischt.

Jakutsk

Da unsere Autoversicherung abgelaufen war, mussten wir dringend eine Agentur finden, um diese zu verlängern. Hier in der Stadt trafen wir immer wieder Menschen die Englisch sprachen und uns behilflich waren. Wir marschierten also zur Adresse der Versicherungsgesellschaft, bei der wir einen Monat zuvor an der Grenze abgeschlossen hatten. Die Kundenberaterin tippte die Nummer unsere Police ein, stutzte, tippte eine weitere Nummer ein, redete mit ihrer Kollegin, drehte unsere zwei Blätter hin und her. Sie fand noch eine Nummer, tippte wieder, dann schüttelte sie den Kopf. Da sie nur Russisch sprach bemühte Andrea den Google Übersetzer. Was gibt es für Probleme? Sie fände unseren Vertrag nicht und um einen neuen Vertrag abzuschließen benötigte sie eine offizielle Übersetzung unserer Autopapiere. Wo man ad hoc eine Übersetzung bekommt wusste sie natürlich auch nicht. Nach über einer halben Stunde „Google-Konversation“ waren wir alle mit den Nerven am Ende, immerhin konnten wir der Dame die Adresse einer anderen Versicherung entlocken. Also nichts wie hin und unser Glück dort versucht!

Die Beraterin bei der 2. Versicherung fühlte sich auch etwas überfordert mit uns, sie rannte gleich los und kam dann mit einer Kollegin zurück, die zum einen prima Englisch sprach und auch fachlich fit war. So lernten wir Tatiana kennen, sie überlistete den Computer und stellte uns eine Autoversicherung aus, gab uns Tipps zu den Highlights in Jakutsk und noch ihre Telefonnummer bei Übersetzungsbedarf.

Jakutsk

Die Republik Sacha (Jakutien) ist reich an Bodenschätzen (Diamanten, Gold, Kohle, Gas) und liegt auf Permafrostboden. Selbst im Sommer ist der Boden nach ein bis zwei Metern gefroren. Aus diesem Grund sind alle Häuser auf Betonstelzen gebaut, die ca. 8m in den frostigen Boden gerammt werden, und sämtliche Versorgungsleitungen sind oberirdisch verlegt. Ein ungewohntes Stadtbild für uns.

Jakutsk


In der Ausstellung „Schätze der Republik Sacha“ wird eine umfangreiche und beeindruckende Sammlung aus lokalem Abbau von Diamanten, Gold, Silber, Elfenbein und Edelsteinen, sowie wunderschöne Kunstgegenstände und Schmuckstücken daraus, präsentiert. Leider darf man bei dieser Führung nicht fotografieren.

Auf Grund der besonderen Lage und den extremen klimatischen Bedingungen von Jakutien interessierten uns noch zwei kleine Museen. Wir besuchten das Dauerfrost-Museum in einem Forschungsinstitut und hatten eine sehr informative Privatführung. Hier besichtigten wir den Dauerfrost-Keller, der bis 12 Meter in den Boden getrieben wurde und eine konstante Temperatur von ca. -8°C hat. Dort werden Untersuchungen zur Eignung und Eigenschaften von Baustoffen im Permafrost durchgeführt.

Jakutsk, Dauerfrost-Museum


Mammutknochen

Mammutzahn


Das Zweite war das einzigartige Mammut-Museum mit Mammut Fossilien und reichlich Hintergrundinformationen zu den wissenschaftlichen Expeditionen im Norden von Jakutien. Die letzte Sensation war ein Mammut Fund mit gefrorenem Blut und möglicherweise intakter DNA, die man zur Nachzucht verwenden könnte. Jurassic Park lässt grüßen!

Jakutsk, Mammut-Museum


Im Hotel Polar-Star

Hier kann man Jagdtrophäen aller Art käuflich erwerben

Samstags schickte Tatiana uns eine Nachricht, dass sie sich mit ihren Kollegen zum Grillen treffen würde und wir sollten doch vorbei kommen.

Mit etwas Glück fanden wir die richtige Location, wunderschön gelegen hoch über der Stadt mit einem tollen Rundumblick. Wir wurden ganz herzlich aufgenommen und bewirtet. Da Tatiana als einzige Englisch sprach, hatte sie reichlich zu tun alles zu übersetzen. Während alle anderen am Abend nach Hause fuhren blieben wir auf dem Berg und genossen die Aussicht von unserem schönen Nachtplatz. Weil es dort so schön war legten wir einen Relax-Tag ein und grillten nochmal am nächsten Abend.

Jakutsk

Tatiana mit Kollegen



Jakutsk

Die Abreise nahte, aber wir wollten nicht fahren ohne Tatianas Tipp zu folgen und das urige Restaurant mit den jakutischen Spezialitäten zu besuchen. Die Speisekarte war nur in Russisch und so gestaltete sich die Auswahl etwas schwierig, dafür mit einem gewissen Überraschungseffekt. Achim kostete eine besondere Spezialität, gefrorene rohe Fohlen-Leber.

Jakutsk, jakutisches Restaurant Chochur Muran

Spezialität: Eisleber auf jakutische Art