Einmal um die Ostsee: Polen, Litauen, Lettland, Estland, Finnland, Norwegen, Dänemark.
Deutschland
Strecke: Hamburg, Ratzeburg, Lübeck, Wismar, Bad Doberan, Warnemünde, Rostock, Halbinsel Fischland-Darß-Zingst, Stralsund, Insel Rügen, Greifswald, Insel Usedom
Nachdem die Reisevorbereitungen getroffen und alle Vorräte sowie nützliche und wahrscheinlich auch unnütze Dinge im Auto verstaut waren, konnte die Reise losgehen. Es war bereits 17 Uhr als wir dann endlich aufbrachen.
Hamburg war unser erstes Ziel, wo wir wieder einen Stellplatz unweit von Fischmarkt und Landungsbrücken fanden. Den Abend ließen wir beim Italiener und einem Vino Rosso ausklingen.
06:00 Uhr, auf zum Fischmarkt! Danach unternahmen wir noch einen Stadtrundgang zu Landungsbrücken, Speicherstadt, Binnen-Alster und Rathaus bei herrlichstem Sonnen- Frühjahrswetter.
Den Weg nach Polen wählten wir über Ratzeburg nach Lübeck und dann auf der Hanseroute entlang der Ostsee. Auf dieser Strecke liegen auch viele Beispiele der mittelalterlichen Backsteingotik, die wir zum Teil auch besichtigten. Achim hat wahrscheinlich in diesen 10 Tagen mehr Kirchen besucht als in seinem ganzen Leben zuvor .
Lübeck, Marktplatz mit Rathaus
Den 1. Mai verbrachten wir in Warnemünde, wo ein großes Straßenfest stattfand und sich bei herrlichem Sonnenschein die Besucher auf der Promenade drängten. Da die Kupplung von Paulchen etwas klemmte suchten wir am nächsten Tag die Mercedes Niederlassung in Rostock auf. Hier wurde alles durchgecheckt, entlüftet und glücklicherweise kein Defekt an den Kupplungs-Zylindern gefunden. Man war der Meinung, dass Reisende unterstützt werden sollten und wünschte uns „eine gute Reise“, ohne Rechnung. Vielen Dank dafür!
Außer Städten und Bauwerken wollten wir natürlich auch etwas von der Natur entlang der Küste erleben.
Also fuhren wir auf die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst mit ihren ausgedehnten Sandstränden. Für Standort Urlauber bestimmt ein schönes Gebiet, um es mit dem Fahrrad zu erkunden. Wir hingegen fühlten uns nicht als Zielklientel und in Erinnerung blieben uns vor allem die unzähligen Parkscheinautomaten, die auf jeder freien Fläche aufgestellt waren. Wir fanden auch einen Parkplatz auf dem sogar Wohnmobile über Nacht stehen durften, Parkgebühr: 22:00 – 7:00 = 25€, 8:00 – 19:00 1€ pro Stunde, ein „Schnäppchen“ quasi.
Zurück auf dem Festland nahmen wir kleine Sträßchen durch wundervoll blühende Rapsfelder in Richtung Stralsund und stoppten kurz beim Kranich-Informationszentrum in Groß Mohrdorf. Die Kraniche legen im Herbst auf ihrem Zug gen Süden in der Boddenlandschaft um Zingst und Rügen zu Tausenden eine Rast ein, um Kräfte für den Weiterflug zu sammeln.
In Stralsund hatten wir dann einen Übernachtungsplatz erster Klasse, direkt im Hafen bei der Altstadt, am Kai zusammen mit der Gorch Fock. Am nächsten Morgen erreichten wir Rügen und folgten hier der Alleenstraße zunächst nach Sellin und Binz. Ein Besuch des 4,5 km langen „Koloss von Prora“ war beeindruckend und auch beklemmend. Der Großteil der denkmalgeschützten Gebäude sind Bauruinen.
In Greifswald bummelten wir durch die hübsche Altstadt bevor wir auf Usedom bei Ahlbeck die Grenze nach Polen passierten.
Polen vom 08.05.2014– 28.05.2014
Strecke: Wolinski NP, Kolobrzeg, Darlowo, Slowinski NP, Lebork, Gdansk, Weichsel Nehrung, Malbork, Elblag, Olsztynek, Ketrzyn, Puszcza Romincka, Suwalki
Gegen Abend überquerten wir auf Usedom die Grenze nach Polen, nahmen die Fähre über die Swina, den Hauptmündungsarm der Oder, und erreichten die Insel Wolin. Weiter ging es entlang der Küste nach Osten. Wir hatten den Frühling mitgenommen und fuhren durch Blättertunnel in frischem Grün, vorbei an blühenden Rapsfeldern und Fliederhecken. Seit unserer Ankunft in Polen sahen wir keine Wohnmobile mehr, die Natur erschien „wilder“ und vor allem Störchen begegneten wir fast täglich. Wir nahmen meist die kleinen bis sehr kleinen Straßen, geteert mit zum Teil üblen Schlaglöchern oder auch geschobene Pisten und zuckelten gemächlich voran.
Wir reisen! Die Tagesetappen werden recht spontan geplant und wenn auf der Strecke ein Platz zum Bleiben einlädt, geht es halt erst am nächsten Tag weiter.
Wir fanden problemlos wilde Übernachtungsplätze in schöner Lage. Unterwegs legten wir immer mal einen Stopp ein und schauten uns eine Burg, eine Altstadt oder auch eine Backsteingotik an.
Am Ortsausgang von Kolobrzeg (Kolberg) fielen uns auf einem Areal Militär-LKWs auf. Das wollten wir uns näher anschauen. Es handelte sich um eine Art Militär Outlet, wo man vom Klappspaten über gebrauchte Flecktarn Bekleidung bis zur Kalaschnikow, Panzern oder Flak Geschützen alles käuflich erwerben konnte. Für unser Empfinden doch etwas befremdlich.
Die großen und kleinen Ostseebäder auf der Strecke erwachten langsam aus dem Winterschlaf und man sah allerorts geschäftiges Treiben. Die Promenaden und Grünflächen wurden hergerichtet, es wurde gemalert und gehämmert, um für die nahende Saison gerüstet zu sein.
Den Slowinski NP mit seinen großen Wanderdünen erkundeten wir für zwei Tage zu Fuß und mit den Fahrrädern.
Danach verließen wir die Küste und wählten eine Strecke durch die Kaschubische Schweiz weiter nach Danzig. Hier fanden wir an der Mündung der Toten Weichsel einen schönen Stellplatz mit Busanbindung und fuhren am folgenden Tag in die Altstadt.
Mit den Schüssen des deutschen Schlachtkreuzers „Schleswig Holstein“ auf die Danziger Westerplatte begann am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg. Bei Kriegsende lagen große Teile der Danziger Altstadt in Trümmern. Nach Kriegsende wurde Gdansk von der polnischen Bevölkerung mühevoll wieder aufgebaut und die Stadt im historischen Gewand des 16./17. Jahrhunderts rekonstruiert.
Danzig, Rathaus mit Neptunbrunnen
Bei herrlichem Sonnenschein schlenderten wir einen Tag durch die schöne Altstadt und genossen die entspannte Atmosphäre der Vorsaison. In einem der vielen Straßencafes legten wir bei leckeren Pierogen und Piwo eine Pause ein.
Auf dem Weg zur Weichsel Nehrung machten wir Halt in Sztutowo und besuchten die polnische Gedenkstätte des KZ Stutthof. Hier kann man das Gelände mit Resten der Baracken und Dokumente aus den Archiven mit Berichten von Zeitzeugen sehen.
Das KZ Stutthofwar ein deutsches Konzentrationslager. Es wurde ab dem 1. September 1939 zunächst als Zivilgefangenenlager errichtet. Im Oktober 1941 wurde der Status des Lagers geändert, als Sonderlager Stutthofunterstand es fortan der Danziger Gestapo. Im Januar 1942 erhielt Stutthof den Status als Konzentrationslager. Etwa 110.000 Menschen waren insgesamt in diesem Lager inhaftiert, wovon ungefähr 65.000 umkamen. Am 9. Mai 1945 marschierten sowjetische Soldaten in das Lager ein.
Krynica Morska, Leuchtturm
Auf der der Ostsee zugewandten Seite der Nehrung findet man kilometerlange herrliche Sandstrände, die zum Sonnenbaden einladen. Hier verläuft auch die Grenze zur russischen Exklave Kaliningrad.
Unser nächstes Ziel Malbork mit der Marienburg war ein Highlight. Diese Burganlage ist wunderschön gelegen und beeindruckt durch ihre Ausmaße.
Von 1309 bis 1454 war die Burg Sitz der Hochmeister des Deutschen Ordens. Die Marienburg wurde zwischen 1270 und 1300 am Ufer der Nogat, eines Mündungsarms der Weichsel, vom Deutschen Orden errichtet. Ihren Namen erhielt die Burg nach der Schutzpatronin des „Ordens der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem“, wie die vollständige Bezeichnung des Deutschen Ordens lautete.
Während der Orden in Osteuropa große militärische Erfolge erzielte, musste er im Heiligen Land schwere Rückschläge hinnehmen. Der Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen verlegte 1309 seinen Sitz von Venedig in die Marienburg. Die Festung wurde nach und nach zum Schloss ausgebaut, da sie sich für die Repräsentationszwecke eines so mächtigen Ordens bald als zu beengt erwies.
Die weiträumige Burganlage ist der größte Backsteinbau Europas.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Burg zu 60 Prozent zerstört. Danach fiel sie an Polen und wurde vom polnischen Staat wiederaufgebaut.
Hier verbrachten wir zwei Tage auf dem Campingplatz bei sommerlichen Temperaturen und konnten schon unser Frühstück mit Blick auf die Burg genießen. Aber nicht nur faulenzen war angesagt, sondern es musste Wäsche gewaschen und Wartungsarbeiten in und am Auto durchgeführt werden.
Unsere weitere Route führte nun nach Masuren mit seinen vielen Seen.
In Olsztynek besuchten wir das Ethnographische Freilichtmuseum. Dort werden Bauernhütten, Windmühlen und Gehöfte aus dem 18. bis Anfang 20. Jahrhundert als Originale oder originalgetreue Rekonstruktionen präsentiert. Die Objekte sind liebevoll eingerichtet, in den Gärten wird Gemüse angebaut und auch Haustiere wie Kaninchen, Hühner und Enten fehlen nicht. Uns gefiel der Rundgang dort sehr gut und bei schönem Wetter gab es natürlich auch unzählige Fotomotive.
In der barocken Wallfahrtskirche Swieta Lipka, einer bedeutenden Pilgerstätte zur Marienverehrung in Polen, erlebten wir ein Mini-Orgelkonzert besonderer Art. Sobald die Pfeifen der Orgel erklingen, beginnen Glöckchen zu läuten und die beweglichen Engel im Takt die Posaunen zu erheben.
Da wir nun in der Nähe von Ketrzyn (Rastenburg) waren, besuchten wir die Wolfsschanze. Hier kann man die Ruinen des Führerhauptquartiers von Adolf Hitler besichtigen. Der Wald überwuchert nach und nach die einstürzenden Trümmer und nach fast 70 Jahren ist es schwer vorstellbar was sich damals hier ereignet hat.
Die Wolfsschanze war der Tarnname für das Führerhauptquartier und wurde ab 1940 im Rastenburger Stadtwald errichtet. Sie wurde oberirdisch in den dichten Wald gebaut und durch nichtbrennbare Tarnnetze, einen speziellen tarnenden Mörtel und Flakstellungen gegen Flugzeugangriffe geschützt. In gebauten Mulden auf den Bunkerdächern wurden Sträucher und Gras ausgesät und die Wände mit Tarnbäumen versehen. Seit 1941, dem Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion, war die Wolfsschanze der Hauptaufenthaltsort von Hitler. Die Anlage umfasste insgesamt ca. 40 Wohn-, Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude sowie 7 massive und 40 leichte Stahlbetonbunker. Die Decken der Bunker waren sechs bis acht Meter dick. Die Anlage verfügte außerdem über einen Bahnanschluss und besaß einen eigenen Flugplatz. Sie war von einem 50 bis 150 Meter breiten Minengürtel und einem 10 km langen Stacheldrahtzaun umgeben. Im Führerhauptquartier hielten sich insgesamt weit über 2.100 Offiziere, Soldaten und Zivilpersonen dauerhaft auf.
Auf dem Gelände der Wolfsschanze verübte während einer Lagebesprechung Claus Schenk Graf von Stauffenberg das Attentat vom 20. Juli 1944 auf Hitler.
Als am 24. Januar 1945 die Rote Armee anrückte, wurden alle Objekte von der zurückweichenden Wehrmacht gesprengt. Es wird angenommen, dass für die Sprengung einzelner Bunker bis zu 8 Tonnen Sprengstoff verwendet wurden. Von 1945 bis 1955 wurden hier ca. 54.000 Minen entschärft.
Auf unserem Weg zur Grenze nach Litauen verließen wir nun die Seenlandschaft und tauchten ein in die dichten Wälder, die sich im Norden Polens parallel zur Grenze nach Kaliningrad erstrecken. Hier soll es Elche, Biber, Wölfe und Luchse geben, von denen wir gerne das ein oder andere Tier vor der Linse gehabt hätten. Aber leider zogen es die Kameraden vor, sich in der einsamen Wildnis verborgen zu halten.
Kurz vor Suwalki kamen wir am „3 Ländereck“ (Polen, Litauen, Russland-Kaliningrad) vorbei und gingen zum Grenzstein, um mal einen Blick nach „drüben“ zu riskieren. Zwischen Russland und Polen existiert bereits ein Zaun, der jetzt auch auf der Grenze nach Litauen errichtet wird. Als wir am Grenzstein standen, rasten mehrere russische Militärfahrzeuge auf den Zaun zu und eine Gruppe Militärs kam mit einem Fernsehteam durch das Tor im Zaun zum Grenzstein gelaufen. Es gibt genaue Markierungen um den Stein, dass niemand versehentlich des Anderen Territorium betritt. Sollten nicht Mauern niedergerissen statt neue errichtet werden?
In Suwalki wurden noch die letzten Zloty ausgegeben und danach verließen wir Polen über eine Nebenstraße nach Litauen.
weiterlesen… Litauen – Lettland – Estland: aktualisiert am 09.07.2014