05.08. – 02.09.2017
Fahrstrecke: 3021 km, hiervon 2270 km Pisten
Gesamtstrecke: 55.180 km
Strecke: Altanbulak, Ulan Bator, Orkhon, Khövsgöl Nuur, Mörön, Bayantes,
So gegen 17 Uhr rollten wir zur russischen Grenze und hofften um diese Zeit flott durchzukommen. Alles lief gut bis zur Fahrzeuginspektion. Der Grenzer interessierte sich intensivst für unsere Tablettenbox und zog ein Tütchen mit Tabletten heraus. „Was ist da drin?“ Da auf dem Beipackzettel „Tramal“ stand, werden wohl auch Tramal Tabletten drin sein. „Wissen Sie denn nicht, dass die hier in Russland verboten sind?“ Nein, wussten wir nicht, es sind zwar starke Schmerztabletten, die man aber in Deutschland problemlos auf Rezept erhält.
Soweit so gut, nein nicht gut, denn nun fingen alle Räder der Maschinerie an zu drehen. Beamte eilten herbei, eine Übersetzerin für Englisch kam hinzu, Fotos wurden gemacht, der kleine Drogenspürhund (Cockerspaniel) musste in den Wohnkoffer und die Tabletten nochmals erschnüffeln. Nun ging es weiter mit der Befragung und Achim als Fahrer musste dran glauben. Andrea sollte beim Wagen bleiben. Nach knapp einer Stunde machte sie sich auf die Suche und fand Achim in einem Hinterzimmer mit verschiedenen Analysengeräten.
Man hatte ein Einsehen und wir konnten nun gemeinsam die Untersuchung unterstützen. Achim musste eine schriftliche Erklärung abgeben, zu welchem Zweck wir diese Tabletten mitgeführt hatten. Danach bat man uns im Wagen zu warten. Auf was??? Inzwischen war es gegen 20 Uhr. Ein Grenzer meinte es könne dauern, wir sollten unseren Wagen an die Seite fahren und uns ruhig zum Schlafen hinlegen.
Unsere Gedanken überschlugen sich und wir malten uns die schrecklichsten Szenarien aus. Zwei Stunden später klopfte es und die Übersetzerin kam mit den ersten Dokumenten für Achim zur Unterschrift. Danach hieß es wieder warten. Gegen 1 Uhr morgens sollten wir dann mit ins Büro kommen zu einer Uniformierten und einer anderen Übersetzerin, die Schicht hatte wohl gewechselt. Die Personalien wurden abermals überprüft, wir mussten alles nochmals erklären und dies wurde wiederum mit den Dokumenten am PC abgeglichen. Die Beamtin führte ein paar Telefonate bevor dann die Protokolle ausgedruckt wurden. Die Übersetzerin ging alles nochmal mit uns durch und Achim musste jedes Dokument unterschreiben, insgesamt 20 Din A4 Seiten.
„So, nun wären wir fertig und könnten weiterfahren…“ Hatten wir richtig gehört, das war es? Uns viel ein Stein, eher ein Brocken vom Herzen. So ärgerlich wie das Ganze war, muss man fairerweise sagen, dass die Beamten immer freundlich und korrekt waren.
Nach 8 Stunden konnten wir die russische Grenzstation endlich verlassen, dafür dauerte die Einreise in die Mongolei keine halbe Stunde.
Nach wenigen Stunden Schlaf setzten wir die Fahrt fort. Wir machten einen Abstecher zum letzten Bogenbauer der Mongolei. Die Bögen werden in Handarbeit aus lokalen, natürlichen Materialien hergestellt. Leider war der Chef nicht vor Ort und wir konnten nur einen Raum besuchen, indem sich ausschließlich in Arbeit befindliche Stücke befanden.
Beim Bogenbauer
Das Wetter war herrlich und wir noch etwas geschlaucht von der Nacht. So beschlossen wir diesen Tag gemütlich ausklingen zu lassen. Als wir am Ufer des Yeröö Gol einen Allrad-Hymer entdeckten, wollten wir doch mal schauen von wo er kommt. Es waren Herman und Gerty aus Holland und wir gesellten uns dazu. Bald darauf kam ein dröhnender Dodge angerollt mit Christian und Sarah aus der Schweiz. Unter Reisenden gibt es immer viel zu erzählen, das ein oder andere Bier wurde getrunken und am nächsten Morgen trennten sich unsere Wege wieder.
Unsere erste Station war Ulan Bator, um dort unsere Visa zu verlängern und unserem Paulchen etwas Wartung angedeihen zu lassen. Mit der Visumverlängerung wurde es nichts, denn eine Verlängerung bekommt man nur einmal in 6 Monaten und wir hatten schon eine im April. Das bedeutete, dass wir nach 30 Tagen für einen Tag nach Russland ausreisen müssten, um bei der erneuten Einreise in die Mongolei wieder 30 Tage zu bekommen.
Wir trafen uns mit Vait (Steppenfuchs Reisen), den Andrea noch von ihrer Mongoleireise im Jahr 2000 kennt, auf 1-2 Chinggis Biere und tauschten Routeninfos zu unserer Baikalumrundung und der Mongolei aus. Auch im Oasis Guesthouse, einem Treffpunkt für Overlander, schauten wir vorbei. Wie immer waren Garten und Hof voll belegt und dort begegneten wir auch Sarah und Christian (www.maximundo.ch) wieder. Sie wollten am nächsten Tag in Richtung Khövsgöl aufbrechen, dieser sollte auch unser nächstes Ziel sein.
Zuvor hatten wir noch einen Termin bei Bagi in der Werkstatt. Achim schliff dort die Dichtflächen des Differentials wieder plan und klebte die Dichtung neu ein. Nach einem Ölwechsel war unser Paulchen dann fast wieder wie neu.
Ulan Bator
Noch am Nachmittag verließen wir die Stadt auf der Teerstraße in westliche Richtung und schlugen bald unser Nachtlager auf. Inzwischen hatte es zu regnen begonnen. Aber am nächsten Tag lachte die Sonne wieder und wir bogen auf eine Piste ab, die uns in Bulgan auf die Nordroute bringen sollte. Bis auf einige Matschpassagen war die Piste trotz Regens recht gut zu fahren. Gegen Abend sahen wir in der Ferne ein Reisemobil auf der Piste stehen und beim Näherkommen erkannten wir Sarah und Christian, der an seinem Automatikgetriebe schraubte. Der Dodge war bald wieder flott, wir setzten die Fahrt gemeinsam fort und fanden am Fluss Orkhon einen schönen Nachtplatz. Die beiden Schweizer wollten vorsichtshalber in Erdenet eine Werkstatt anfahren, so fuhren wir weiter über Mörön Richtung Khövsgöl.
Kraniche
Sarah und Christian
Spektakuläre Gewitterstimmung
Nachtplatz am Erkhel Nuur
Schon auf dem letzten Stück vor dem See haben sich Rentiernomaden im Sommer für die Touristen mit ihren Tieren und den typischen Tipis niedergelassen. Am Sonntag erreichten wir schließlich Khatgal an der Südspitze des Sees und waren total überrascht von dem Trubel der dort herrschte. Fast ausschließlich mongolische Touristen drängten sich an den Bootsstegen zum Tretboot fahren oder für eine Ausfahrt mit dem Motorboot.
Touristentipis
Touristenrummel in Khatgal
Wir wollten der Piste an der Westseite des Sees folgen und dann versuchen über den Jigleg Pass nach Westen in das Gebiet der Tsaatan (Rentiernomaden) vorzudringen.
Bei herrlichstem Sonnenschein folgten wir der Uferpiste und hatten fantastische Ausblicke auf den See. Obwohl an der Westseite die Jurten-Camps angesiedelt sind gefiel es uns dort gut, da man über Kilometer direkt am Ufer entlang fährt.
Westufer des Khövsgöl
Etwa 10 Kilometer nach dem letzten Ger-Camp endete die ausgebaute Piste abrupt an einem Schlagbaum. Hier wurde eine weitere Gebühr (ca. 2€ p.P.) erhoben, der NP Eintritt war bereits in Khatgal kassiert worden, bevor wir auf einem schmalen Naturweg weiterfahren konnten. Es wechselten sich Waldstücke und offene, teilweise feuchte, Wiesen ab. Bald stoppten wir und wählten einen schönen Nachtplatz am Seeufer. Hier entspannten wir in der wärmenden Sonne und Achim sprang auch mal in das glasklare, frische Wasser.
Kormoranbaum
Khövsgöl
Nachtplatz am glasklaren Khövsgöl
Am nächsten Morgen setzten wir unsere Fahrt auf dem Waldweg fort. Schon bei der ersten Wiese wurde es spannend, der Weg laut Navi war im See verschwunden, blieben nur zwei unschöne, feuchte Alternativstrecken quer über die Wiese. Achim steuerte mit Schwung hinein und wir quälten uns voran, aber die Wiese wollte und wollte kein Ende nehmen. Dann war es irgendwann vorbei, wir hatten uns schön eingegraben.
Sicher eingeparkt
Wie so oft standen die nächsten Bäume außerhalb der Reichweite unserer Seilwinde. Also mussten wir Paulchen erstmal frei schaufeln. Aber leichter gesagt als getan, denn das Wasser lief immer wieder nach. Plan B hieß unterfüttern, dafür fanden wir reichlich Holzstämme und Steine in der Nähe. Viel Verkehr gab es nicht auf der Strecke, nur ein einziges Moped war vorbeigekommen. Um die Mittagszeit näherte sich ein Geländewagen aus UB mit fünf Personen. Einer der Männer sprach recht gut Englisch. Sie waren auf dem Weg, um von dem einen Paar weiter nördlich an der Heilwasserquelle nachträglich Hochzeitsfotos aufzunehmen. Zuvor aber legten die drei Männer sich schwer ins Zeug und halfen Achim beim Schaufeln. Der Himmel trübte sich ein und so fuhren die Fünf erstmal weiter, versprachen auf dem Rückweg wieder anzuhalten. Wir schufteten weiter, Rad für Rad wurde hochgebockt und mit Stämmen unterfüttert bis der Wagen wieder oben war.
Rad für Rad geht es nach oben
Inzwischen hatten wir Gesellschaft bekommen, zwei Reittouristen mit ihrem Horseman und zwei Mopeds waren von Norden gekommen. Alle packten mit an. Als dann auch der Geländewagen aus UB zurück kam stand unser Paulchen schon wieder auf Wiesenniveau.
Das Brautpaar ist zurück
Achim wollte versuchen, ob er aus eigener Kraft rückwärts aus dem Schlachtfeld herausfahren könnte. Es fehlte etwas Kraft und so brach er den Versuch ab. Nun hängten wir den Landcruiser vor unseren Wagen und diesmal, mit der Unterstützung des Geländewagens, konnte Achim Paulchen aus dem Matsch heraus manövrieren.
Geht fast
Geht doch!
Was waren wir froh nach acht Stunden wieder mobil zu sein. Für unsere Helfer holten wir eine Palette Bier raus und es gab eine spontane Stehparty. Nach und nach setzten die Helfer ihren Weg fort und wir machten uns daran alles Werkzeug, die Bergegurte und uns im See zu säubern. Gerade als wir fertig waren, fing es heftig an zu hageln und zu regnen.
Da schmeckt das Bier auch wieder
Gewitter mit Hagel
Der nächste Tag wurde ein Ruhetag bevor wir dann einen Tag später die Rückfahrt antreten wollten. Das Wetter hatte umgeschlagen und es regnete viel, was bedeutete, dass die Wiesen noch feuchter und schmieriger wurden.
Mit Pferd kommt man weiter
Unser Schlachtfeld
Am frühen Morgen des Abreisetages klopfte es an unserer Tür, wir sollten kommen und helfen. Wir waren nicht sehr begeistert, denn eigentlich waren wir froh die Wiese hinter uns zu haben. Dennoch packten wir zusammen und wollten mal schauen was zu tun wäre. Ein Geländewagen und ein PKW hatten sich auf der anderen Seite der Wiese festgefahren. Hinfahren konnten wir nicht sonst hätten wir auch wieder festgesteckt. Also schritt Achim das Terrain ab, um zu sehen wie weit wir vorfahren konnten. Dann hängten wir unsere Bergegurte an die Seilwinde und hofften, dass es reichte. Bis zum PKW passte es und Paulchen zog ihn durch den Matsch auf sicheren Grund. Nun steckte noch der Toyota, hier fehlten einige Meter. Achim tastete sich noch ein paar Meter weiter vor, dann suchten wir die allerletzten Seile zusammen und es reichte knapp. Als dann auch der Toyota wieder flott war traten alle drei Autos gemeinsam die Fahrt nach Süden an. Doch bis zur ausgebauten Piste waren noch drei weitere Wiesen zu queren, die nun nach dem vielen Regen auch aufgeweicht waren. Hier hatten wir noch eine Schrecksekunde weil Paulchen seitlich wegrutschte, aber Achim manövrierte ihn vorsichtig hindurch. Schon bald erreichten wir den Schlagbaum und die breitere Piste zurück nach Khatgal.
75 Meter Seil sind nötig
Die nächste Herausforderung
Auf halber Strecke zwischen Khatgal und Mörön legten wir einen Fotostopp bei 50°100°, dem Schnittpunkt von 50. Breitengrad und 100. Längengrad ein. Solch eine Koordinatenkonstellation gibt es nur vier Mal auf der Erde.
50°100°
50°100°
Unweit der Stadt liegt ein Feld mit gut erhaltenen Hirschsteinen. Die etwa 3000 Jahre alten Steine tragen Gravuren von liegenden und springenden Hirschen, gelegentlich auch von Schmuck, Gürteln und Werkzeugen. Man vermutet, dass es Grabsteine von hochrangigen Personen waren.
Uushigiyn Uvur, Hirschsteine
Von Mörön aus nahmen wir die Nordroute nach Westen. Das nächste Ziel sollte das nördlichste Dünengebiet Buurug Deliyn Els sein.
Viele Wege führen nach Westen
Bayantes