17.06. – 13.07.2016
Fahrstrecke: 2350 km
Strecke: Khujand, Istarafshan, Iskanderkul, Anzob, Duschanbe, Vakhsh Tal, Khingob Tal, Khoburobot Pass, Qala-i-Khumb, Vanj Tal, Khorugh,
Der Pamir ist der Knoten folgender Gebirgssysteme: Tien Shan, Alai, Trans-Alai, Karakorum und Hindukusch, die von hier aus nach ganz Zentralasien auseinander streben. Der Pamir selbst bildet gleichsam ein Dach, das „Dach der Welt“.
Wir wählten die nördliche Strecke von Duschanbe in den Pamir. Sie ist wenig befahren, etwas länger als die Südroute und stellt streckentechnisch eine größere Herausforderung dar.
Wir verließen Duschanbe am frühen Nachmittag auf Teer Richtung Osten. Als wir so gemütlich dahin rollten, tauchten zwei bepackte Fahrradfahrer vor uns auf. Ein kurzer Stopp, ein kleiner Plausch und ein Erinnerungsfoto mit Aina und Jordi (www. degeorgiaalnepalacopdepedal.wordpress.com), den beiden Spaniern, die bestimmt nicht den leichten Weg des Reisens gewählt haben. Alle Achtung!
Kurzer Plausch mit spanischen Fahrradreisenden
Ha-Ra ist überall
Am nächsten Morgen erreichten wir bei Roghun das Vakhsh Tal. Hier endet auch der Teer und nun wird gerumpelt. Zuerst erreichten wir die größte Baustelle Tadschikistans, die des Wasserkraftwerks Roghun. Schon zu Sowjetzeiten in den 80er Jahren begonnen, soll sich der größte Staudamm der Welt nun endlich seiner Vollendung nähern. Da dann das Tal als natürliches Staubecken dient und überflutet wird, wird die Straße auch nur noch im nötigsten Umfang in Stand gehalten. Was mit den Tausenden Familien des Vakhsh/Rasht Tals, denen der See ihre Heimat nehmen wird geschieht, ist bislang unklar…
Das Staudammprojekt
Endlich eine gute Brücke
So schlängelten wir uns entlang des reißenden Vakhsh flussaufwärts. Die Piste klebte meist am Steilhang und bei diesen Ausblicken verschlug es mir teils den Atem. Mal tobte das Wasser durch eine enge Felsenschlucht, mal breitete sich der Fluss ruhig in einer großen Ebene aus. Selbst in diesem schwierigen Terrain haben sich vereinzelt Familien nieder gelassen und in den weiten Ebenen finden sich auch größere Siedlungen.
Der Khingob, nur ein Zufluss des Vakhsh, führte auch viel Wasser, da er von den westlichen Gletschern gespeist wird. Wir verließen nun die Täler und es sollte hoch hinauf gehen, aber zuvor mussten wir die „Grenze“ zum Autonomen Gebiet Gorno-Badakhshan passieren.
Gorno-Badakhshan (GBAO) nimmt über 40% der Fläche Tadschikistans ein, stellt aber nur etwa 3% der Einwohner. Im Pamir lebt ein Großteil Schiiten als Ismailiten. Als Reisender benötigt man zusätzlich zum Visum eine GBAO-Sondergenehmigung, die an den Grenzen der Region kontrolliert wird.
Wir schraubten uns gemächlich in weiten Bögen und durch grüne Wiesen den Khoburobot-Pass hinauf auf 3252 Meter. Hier steht auch die höchste Bushaltestelle der Welt, ein Relikt aus sowjetischer Zeit. Auf dem Gipfel, noch etwa 100 m höher, mit herrlicher Rundumsicht verbrachten wir die Nacht. Natürlich verließen wir die Wege nicht, weil dieses Gebiet seit dem Bürgerkrieg noch nicht vollständig von Minen geräumt ist. Wir wunderten uns daher über die vielen Hirten, die mit ihren Herden hier unterwegs waren.
Die höchste Bushaltestelle der Welt
Minen gibt es auch noch!!
Übernachtungsplatz auf 3350m
Nach einer spektakulären Abfahrt durch Schluchten und über steile Serpentinen erreichten wir im Tal den Fluss Khumbob. Da dies ein Quellfluss ist führt er glasklares Wasser. Ihm folgten wir bis zum Ort Qala-i-Khumb, wo wir den Grenzfluss Panj erreichten und den ersten Blick hinüber nach Afghanistan werfen konnten. Wir würden ihm nun für mehrere Hundert Kilometer flussaufwärts folgen, wir am linken Ufer (Tadschikistan) und Afghanistan gegenüber am rechten Ufer, manchmal gerade mal einen Steinwurf entfernt. Im Hochsommer stürzen bis zu 1000 qm/sec Wasser den Panj hinab und machen ihn sehr reißend und laut tosend.
Vor uns Afghanistan und der Panj
Gegenüber Afghanistan
Leckeres Obst gibt es überall
Für die nächsten 240 km bis Khorugh ist der Pamir Highway die einzige Verbindung nach Osten, dennoch fanden wir eine Straße vor, die diese Bezeichnung kaum verdiente. Ein Fortkommen war mit höchstens 20 km/h möglich, eine Teerdecke meist nicht oder nur in Fragmenten vorhanden. Dennoch wurden wir von dieser Strecke in ihren Bann gezogen, seien es die kleinen Dörfer mit den freundlichen Menschen, die spektakulären Felswände, die steil gen Himmel streben oder die hübschen afghanischen Ortschaften mit den Terrassenfeldern, die sich an die Hänge schmiegen. Auch auf der anderen Flussseite kann man das tägliche Leben der Menschen beobachten, es wird auf den Feldern gearbeitet, Kinder baden im Fluss, Transport und Fortbewegung erfolgen meist zu Fuß, mit Esel oder Moped.
Alles ordendlich in Afghanistan
Pamir-Tankstellen
Übernachtungsplatz am Pamir Highway
Wir unternahmen einen Abstecher in das Vanj Tal, ein Seitental des Panj. Am Talende ragt der Gebirgsknoten der 110 km langen Bergkette „Akademie der Wissenschaften“ mit ihren riesigen Gletschern auf. Und dort wollten wir hin. Die Piste begann recht vielversprechend, blieb überwiegend ordentlich und wurde gegen Ende des Tales doch noch zur Herausforderung. Wir fuhren durch kleine Ansiedlungen inmitten von Feldern, mussten mehrmals die Flussseite auf zum Teil abenteuerlichen Brücken wechseln, kleinere Zuflüsse ohne Brücke queren und zum Schluss fanden wir uns auf einer gekennzeichneten Piste im reißenden Hauptstrom wieder. Wenden war unmöglich, also Augen zu und durch!
Pamiri
Piste im Vanj Tal
Nachdem wir unser Paulchen doch recht gefordert und auch geschunden hatten, erreichten wir mit Sonnenuntergang den letzten Ort im Tal, Ausgangspunkt für weitere Aktivitäten und Eingang zum Nationalpark. Der Chef des NP öffnete nochmal sein Büro, registrierte uns und bot uns auch gleich an auf seinem Grundstück zu übernachten, was wir gerne annahmen.
Die Nationalparkverwaltung in der guten Stube
Traumhafter Übernachtungsplatz mit Familienanschluss
Für den nächsten Morgen hatte sich schon Mohamad, ein Freund des NP Chefs, angeboten uns zum Gletscher zu führen. Doch bevor wir starten konnten, wurden wir von der Frau des NP Chefs im Garten auf dem Tapchan (erhöhte, überdachte Sitzecke) zum Tee eingeladen. Dabei blieb es natürlich nicht, sondern man brachte uns noch Brot, Joghurt und Kirschkompott. Und das alles im Ramadan, wenn die Familie nur bei Dunkelheit essen und trinken darf.
Zunächst fuhren wir noch ein Stück auf der Piste, bevor wir zu Fuß weiter gingen. Mohamad zeigte und erklärte uns einiges zu Fauna und Flora und führte uns zu den besten Stellen, um die seitlichen Zuflüsse zu queren. Wir hatten Kaiserwetter und es war eine so herrliche Gebirgskulisse, dass wir die Wanderung in vollen Zügen genossen und der Gletscher zwar der Grund aber nicht mehr die Hauptsache war. Mohamad führte uns noch zu zwei versteckten Wasserlöchern in den Bergen, die mit ihrem klaren Wasser zum Baden einluden.
Nun geht es zu Fuss Richtung Fedchenko Gletscher
Fedchenko Gletscher
So bleiben wenigstens meine Füße trocken
Bis wir im Dorf zurück waren, war es schon später Nachmittag und wir mussten sogleich zur „Chefin“ auf den Tapchan und uns ausruhen, natürlich bei Tee und allerlei anderen Leckereien. Natürlich wurde uns auch angeboten noch eine Nacht auf dem Grundstück zu campen. Die Gastfreundschaft der Menschen gegenüber Fremden ist immer wieder beeindruckend, aber auch beschämend. Wir möchten sie nicht über Gebühr ausnutzen und revangieren uns immer mit kleinen Gastgeschenken oder auch mal einem Geldschein.
Am nächsten Morgen traten wir die Rückfahrt zum Pamir Highway an. Da über Nacht und morgens weniger Eis und Schnee schmilzt sind die Wasserstände niedriger und die abenteuerlichen Wasserdurchfahrten waren besser zu bewältigen als auf dem Hinweg.
Knapp daneben!
Badeteich am Vanj
Auf der anderen Seite
Afghanistan
Zurück auf dem Pamir Highway erreichten wir am nächsten Tag Khorugh, die Hauptstadt des Autonomen Gebietes Gorno-Badakhshan. Hier konnten wir Vorräte auffüllen und Papierkram erledigen. Die Einfuhrgenehmigung für den Wagen, die nur 14 Tage gültig ist, konnte hier an der Grenzstation problemlos gegen Zahlung von 20€ (eigentlich 25$) verlängert werden. Im Büro der PECTA erwarben wir die Genehmigung für das Zorkul Nature Reserve. Hier findet man kompetente, Englisch sprechende Mitarbeiter, die mit ihrem Wissen das Leben eines Touristen leichter machen können.
Khorugh, Grenzübergang nach Afghanistan
Khorugh, am Markt