Russland 10

30.05. – 05.08.2017

Fahrstrecke: 14.795 km

Gesamtstrecke: 52.160 km

Strecke: Ulan Ude, Chita, M55, Skovorodino, M56, Khabarovsk, M60, Vladivostok, Slavyanka, Nachodka, Komsomolsk am Amur, Khabarovsk, M56, Never, M56, Tit-Ary, Jakutsk, Skorovodino,  Chita, Ulan Ude, Ust-Barguzin, Alla, Ulyunkhan, Kumora, Severobaikalsk, Irkutsk, Ulan Ude

Baikalumrundung, Teil 3

Am nächsten Morgen saßen wir gerade beim Frühstück, da hörten wir Motorengeräusche. Um die Ecke kamen zwei russische LKW, ein SIL und ein URAL mit russischen Touristen auf den Ladeflächen. Die Gruppe wollte zum Fluss Svetlaia und dort Kanu fahren.



Das hält für immer!

Für uns ging es weiter nach Norden und nach weiteren 5 Kilometern enger und matschiger Piste hatten wir das Abenteuer endlich überstanden. Wir waren wirklich froh diese schwierige Strecke doch recht gut gemeistert zu haben. Die Piste wurde breiter, besser und nach weiteren 10 Kilometern passierten wir das erste Dorf.

Ab hier folgten wir einer breiten Piste bis zur BAM. Auf dieser Strecke trafen wir noch auf eine deutsche Feuerwehr (Magirus) mit Ulf, der auch seit mehreren Wochen in Sibirien unterwegs war.

Bei einer Inspektionsrunde um unser Paulchen stellten wir fest, dass das oberste Federblatt vorne gebrochen und erwartungsgemäß das hintere Differential nicht mehr dicht war. Bis nach Severobaikalsk würden wir so aber problemlos fahren können.


Ulf mit seinem Magirus

BAM: Baikal-Amur-Magistrale, Eisenbahnstrecke nördlich parallel zur Transsib von Tayshet zum Pazifik. Die parallele Versorgungsstraße während der Bauphase wird landläufig auch BAM genannt. Sie ist heute nicht mehr über die gesamte Länge befahrbar, vor allem weil viele Holzbrücken dort eingestürzt sind.

Einmündung in die BAM

Der BAM mussten wir für etwa 180 Kilometer nach Westen folgen. Beim Einbiegen auf die BAM waren wir doch sehr über deren Zustand überrascht, eine ordentlich ausgebaute Piste, die in großen Bereichen sogar geteert war. Einige kleine Ortschaften lagen an der Strecke, oft mit großen Rangier- und Verladeanlagen für die Eisenbahn. Die Bahnhöfe erschienen uns teilweise etwas überdimensioniert für das mögliche Passagieraufkommen.


Dorfbahnhof




Eisenbahnbrücke

In Nizhneangarsk erreichten wir endlich wieder den Baikalsee und zwar an seinem nördlichsten Punkt. Wir standen am Straßenrand und checkten unsere Emails als Stas uns ansprach. Nach dem üblichen „woher“ und „wohin“ erfuhren wir, dass er selbst einen URAL besitzt und begeistert von unserem Paulchen war. Achim zeigte ihm unsere gebrochene Feder und wollte wissen, ob er jemanden kennt der uns da helfen könne. Stas meinte, alles kein Problem, bei ihm wären wir an der richtigen Stelle und er würde uns helfen. Aber zuerst müssten wir mit ihm und seiner Familie an den Strand zum BBQ fahren, zuerst das Vergnügen und dann die Arbeit…

Also ging es mit Kind und Kegel, 4 Erwachsene, 4 Kinder, Kinderwagen und Grillsachen in einem 5-Sitzer an den Strand. Aus den geplanten 2-3 Stunden wurde ein ganzer Nachmittag, aber Stas hatte inzwischen schon wegen unserer Feder herumtelefoniert. Am nächsten Morgen sollte es an die Arbeit gehen und sein Freund Konstantin eine Magirus Feder vorbeibringen.

Nördlichster Punkt des Baikalsees


Lecker Schaschliki


Gesagt, getan, am nächsten Morgen wurde die Mercedes Werkstatt vor Stas´ Haus geöffnet. Leider war die Magirus Feder zu breit. Also musste ein Plan B her. Konstantin kam mit einem Federpaket vom SIL vorbei, hier passte die Breite. Daraus wurde eine kurze Feder genommen, um den Bruch unserer Feder zu überbrücken und das Paket wieder zu stabilisieren. Ein anderer Bekannter kam vorbei und nahm Maß für Bügel zum Fixieren der Zusatzfeder. Die SIL Feder wurde mit in unsere Klammer vom Federpaket geschoben und dann zusätzlich mit zwei Bügeln fixiert. Stas lag mit Achim den halben Tag unter dem LKW, aber am Ende war Paulchen soweit Instand gesetzt, dass wir bis Irkutsk weiterfahren konnten. Dort hofften wir über Mercedes eine passende Ersatzfeder zu bekommen. Bei dem lecken Differential wurde zunächst Öl nachgefüllt, in Ulan Bator beim Ölwechsel sollte dann die Dichtung wieder neu eingeklebt werden.

Die gebrochene Feder

Die SIL Feder wird zur Verstärkung unter die Schelle geschoben



Schellen drum und fertig!

Nach der Reparatur wurden wir zum Abschied noch ganz toll von Ksenia bekocht, sogar extra für Achim gab es auch Omul. Ganz herzlichen Dank Stas und Ksenia, ihr habt uns sehr geholfen! Wir waren gerührt von so viel Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit.

Abschiedsessen

Haus von Ksenia und Stas mit Baikalblick

Abschied

Nach 20 Kilometern erreichten wir Severobaikalsk, dessen Gründung primär als Versorgungsknotenpunkt für den Bau der BAM erfolgte. Plattenbauten prägen das Stadtbild, aber der futuristische Bahnhof ist durchaus sehenswert.

Severobaikalsk

Severobaikalsk


Letzter Abend am See

Von dort ging es weiter auf der BAM, der Teer endete mit der Stadt und die Piste hatte nun teilweise die Qualität einer Nebenpiste.

BAM


Na geht doch

Schon nach gut 100 Kilometern verließen wir die BAM wieder und nahmen die Strecke über Zhigalovo in Richtung Irkutsk. Zunächst fing es gut an, die Piste war breit, gegradert und flott zu fahren, doch dann wurde sie sehr steinig. Wir waren natürlich wegen der defekten Feder besorgt und fuhren deshalb möglichst Material-schonend langsam. Die Strecke führte durch praktisch unbewohnte endlose sibirische Taiga. Einzig eine Ansammlung verfallener Gebäude entdeckten wir und machten uns auf diese zu erkunden. Ob es die Überreste eines Straflagers waren? Vergitterte Zellentüren gab es jedenfalls.

Verlassener Ort






Abseits der Straßen kommt man nur noch damit durch.

Mit Zhigalovo begann wieder die Zivilisation, wir mussten eine Pontonbrücke überqueren und erreichten danach bald den Oberlauf der Lena, die im Baikalgebirge unweit des Sees entspringt. Der Fluss begleitete uns eine lange Strecke und wir genossen die Fahrt durch diese idyllische Landschaft. Etwa 300 Kilometer vor Irkutsk fing dann endlich die Teerstraße an und wir kamen gut voran. Da wir bereits im letzten Oktober die Insel Olchon und das „Kleine Meer“ am Westufer des Baikal besucht hatten, konnten wir nun ohne Abstecher direkt nach Irkutsk durchfahren.

Pontonbrücke


Fluss Lena

Fluss Lena


Letztes Jahr auf Olchon hatten wir Anna und Evgeny aus Irkutsk kennengelernt und nun wollten wir uns in Irkutsk wiedersehen. Aber unser erster Weg in der Stadt führte zu Mercedes Nutzfahrzeuge. Hier hofften wir eine Ersatzfeder für Paulchen zu bekommen. Sie hatten leider keine passende Feder auf Lager, sondern hätten eine Neue direkt aus Deutschland bestellen müssen, Lieferzeit 1-2 Wochen. Puh, das passte so gar nicht in unsere Zeitplanung. Die bessere Möglichkeit wäre dann eine Feder über Mercedes in Ulan Bator zu ordern. Wir schickten gleich mal eine Anfrage los.

Nun aber trafen wir uns mit Anna und Evgeny, die schon mitbekommen hatten, dass wir ein Problem mit dem Wagen haben. Wir schilderten ihnen die Situation und die beiden Männer machten sich auf den Weg in Irkutsk eine passende Feder aufzutreiben. Evgeny schleppte Achim von einem Autoteileladen zum nächsten und wollte nicht akzeptieren, dass es nichts Passendes gab. Er gab nicht auf und startete noch einen letzten Versuch. Die Leute dort notierten sich die Maße und wollten sich in 2 Stunden wieder melden.

Nachdem die Männer wieder zurück waren beratschlagten wir Vier welche Optionen es noch geben könnte. Da meldete sich, wie versprochen, der letzte Laden mit einem Alternativvorschlag. Sie hätten einen passenden Blattfeder-Rohling und einen Schmied an der Hand, der die Feder anpasst und die beiden Ösen biegt. Wir sagten zu und besprachen noch den Ablauf. Die Chefs aus dem Laden kamen persönlich mit dem Rohling vorbei und lotsten uns zur Schmiede. Hier mussten wir schnellstens das Federpaket ausbauen, dann würde der Schmied uns die Feder noch am selben Nachmittag fertig machen.

Nach dem Ausbau wurde das Paket geöffnet, der Schmied nahm die notwendigen Maße und machte sich ans Werk. Es war total interessant mitanzusehen wie er den Stahl bearbeitete und das Blatt unserer ersten Feder immer ähnlicher wurde. Wir hatten Glück und waren bei dem Spezialisten von Irkutsk für Federn gelandet.


Der Federschmied



Nachdem die Buchsen eingepresst und die neue Feder ausgekühlt war ging es wieder ans Zusammenbauen, erst das Federpaket und dann das Paket ans Auto. Das Letztere war gar nicht so einfach und Achim, Evgeny und der Schmied setzten ihr ganzes Geschick ein, bis schließlich alles wieder am richtigen Ort war. Wir waren so glücklich, dass Paulchen nun wieder voll einsetzbar war. Der Tag hatte so enttäuschend begonnen und nun hatten wir durch Anna´s und Evgeny´s Hilfe innerhalb eines Tages eine neue Feder. Alleine hätten wir das nicht geschafft. Ganz lieben Dank euch Beiden!

Abends waren Anna und Evgeny mit uns zum Essen und unternahmen noch eine Nachtfahrt durch die Stadt mit uns. Zum Abschied am nächsten Morgen wurden wir mit allerlei Köstlichkeiten aus dem eigenen Garten versorgt. Es war super toll mit euch und auf bald in Deutschland.

Zusammen mit Anna und Evgeny


Der historische Eisbrecher Angara

Flott machten wir uns auf den Weg zur Grenze in die Mongolei. Von Irkutsk weiter zum Südufer des Baikal, wo Achim nochmals leckeren geräucherten Omul erstand. Wir legten noch eine kurze Rast am Ufer ein, bevor wir Ulan Ude passierten und sich damit unser Kreis um den Baikal schloss.

Omul, frisch geräuchert

Abschied vom Baikal

Über alles gesehen war es eine tolle Tour, vor allem landschaftlich sehr schön und abwechslungsreich. Fahrerisch waren 90% davon absolut unproblematisch, dafür die restlichen 10% echt schwierig und hart. Hätten wir vorher geahnt was da auf uns zukommt, wer weiß ob wir uns in dieses Abenteuer gestürzt hätten ;-).