Ladakh und Zanskar Tour
vom 11.06 – 13.07.2023
Der zweite Teil unserer Reise war eine private Gruppenreise zusammen mit einigen Mitgliedern der DZG ( Deutsche Zentrale für Globetrotter).
Nachfolgend übernehmen wir einen Reisebericht von Birgit Blumenstiehl, einer Mitreisenden. Dieser Bericht wurde veröffentlicht im “Der Trotter Nr. 209, Band 49, 11/2023”
Wir danken Birgit ganz herzlich für die Überlassung!
Trotter in Ladakh
“Ein Lama, eine Schule und ein Waisenhaus, Saarbrücken, Covid19, ein Klosterfest, Heinz und Rudi. Und die Idee, das „höchstgelegene Globetrotter-Treffen der Welt“ zu veranstalten.
Irgendwie hängt alles zusammen im Rad des Lebens und ohne all das wäre diese Reise wohl nie zustande gekommen. So aber ergab es sich, dass ein buntgemischter Haufen von Globis aus der dzg sich in Ladakh (Himalaya, Indien) zu einer 2-wöchigen gemeinsamen Reise traf.
Aber eine Gruppenreise für Individualisten? Kann das funktionieren? Für die meisten, wie für mich auch, war dies die erste Gruppenreise ihres Lebens und somit ein spannendes Experiment. Nicht zuletzt auch für Lama Samten selbst, der zuvor schon eine harmonische Gruppe von Leuten aus Saarbrücken durch Ladakh geführt hat. Aber so Globis sind halt doch irgendwie anders.
Unter der „Regie“ von Lama Samten, bei der Vorbereitung unterstützt durch Heinz und Rudi, tauchen wir also gemeinsam in die Welt des Buddhismus und des Himalaya ein – hier ein paar Eindrücke.
An und Abreise ist jedem selbst überlassen und so trudeln die Mitreisenden nach und nach aus allen Himmelsrichtungen und Kontinenten ein, selbst aus Afrika oder mit dem Fahrrad von Delhi. Zum offiziellen Begrüßungs-Dinner in Leh sind wir dann mit 15 Leuten erstmals komplett und werden von Lama Samten und den Fahrern mit buddhistischen weißen Begrüßungs-Schals willkommen geheißen. Das Wetter und die Stimmung sind gut, auch wenn sich bei dem ein oder anderen schon die dünne Luft auf 3.500 Meter Höhe bemerkbar macht, und alle sind gespannt, was die nächsten zwei Wochen bringen werden.
Kloster Hemis
Wir bleiben zunächst in Leh in einem besseren Hotel stationiert und erkunden die nähere Umgebung. Das erste Highlight ist das Klosterfest in Hemis. Zusammen mit Hunderten von (überwiegend einheimischen) Gästen geht es einen kurzen Weg vom Parkplatz unten zum Kloster oben. Überall Verkaufsstände und Imbissbuden „indian style“, dichtes Gedränge von Menschen, Mönchsnovizen, Kinder, die ihre Köpfe über den dargebotenen Waren zusammenstecken, Familien die picknicken. Alles erinnert etwas an einen Rummelplatz. Schon an diesem ganzen Drum-Rum kann man erkennen, wie bekannt und wichtig dieses Fest ist.
Im Klosterhof angekommen ist die Zeremonie schon im Gange. Auf einem abgesteckten Bereich zelebrieren die Akteure die Maskentänze, begleitet von Instrumenten und Gesängen. In den vorderen Reihen gibt es ein paar Stühle, dahinter stehen die Zuschauer dicht gedrängt, auch auf dem Klosterdach ist alles voll besetzt. Das Fest geht über zwei Tage und jeden Tag werden Tänze mit bestimmten Bedeutungen in einer bestimmten Reihenfolge aufgeführt. Im Kern geht es immer darum, das Negative zu besiegen und das Positive zu bewahren. Wer genug Masken und Tanz gesehen hat, kann sich nahezu im ganzen Kloster frei bewegen und die vielen Tempel besichtigen. Aber auch in den Tempeln ist so viel los, dass man sich teilweise „durchschieben lassen“ muss. Auch der Raum, wo sich die Tänzer vorbereiten und umziehen, ist öffentlich zugänglich und es ist schön zu sehen, welche Menschen hinter den Kostümen stecken.
Kloster Stakna
Allzu lange haben wir leider nicht Zeit, das alles auf uns wirken zu lassen, denn unser Reiseplan ist ziemlich voll (wir wollen ja auch möglichst viel sehen) und schon am frühen Nachmittag geht es weiter zum Kloster Stagna. Der Auftakt zu vielen Klöstern und Tempeln, die wir in den nächsten zwei Wochen besuchen werden. Tsemo, Thikse, Alchi, Lamayuru, Phyang, Spituk, Diskit, Tingmosgang, um ein paar zu nennen. Jedes schön und interessant auf seine Weise und dank Lama Samten erfahren wir sehr viel über die einzelnen Klöster und den Buddhismus im Allgemeinen. Einen besseren, anschaulicheren Unterricht, noch dazu auf Deutsch, kann man kaum haben.
Manche Klöster hängen wie Schwalbennester pittoresk am Berg, andere sind auf einem Hügel erbaut, wieder andere liegen in einem Taleinschnitt. So vielfältig die Lage und das Aussehen jeweils sind, die dargestellten Buddhas, Figuren, Malereien und Tempel ähneln sich schon sehr.
Leh
Kloster Tsemo
Lama Samten bei der Gebetsfahnen Zeremonie
Kloster Thiksey
Kloster Tserkamo
Und natürlich lernen wir auch Gompa Tserkarmo, das „Heimatkloster“ von Lama Samten, kennen, in dem wir auch fünf Nächte wohnen dürfen und herrlich versorgt werden. Idyllisch gelegen, mit wunderbarem Klostergarten, bleibt hier auch Zeit für Picknick, eigene kleine Touren in die umliegenden Berge und einer Einweisung in Meditation. Mein persönliches Highlight sind zwei Nächte alleine auf den angrenzenden Bergrücken unter dem Sternenhimmel. An einem Abend sind wir auch bei Lama Samtens Familie im Dorf zum Essen eingeladen und dürfen eine unglaubliche Gastfreundschaft erfahren. Sogar Chang (Gerstenbier, das ziemlich anders schmeckt als unser bekanntes westliches Bier) gibt es.
Lama Samten im Kloster Tserkamo
Festung Tingmogang
Lamayuru
Im Arijan Valley
Das Aryan-Valley im Kargil-District, in einem Nebental des Indus, gilt bisher noch als eine Art Geheimtipp. Hier lebt die ethnische Minderheit der Drokpa („Bewohner der Weiden“). Ihre Abstammung geht bis auf Alexander den Großen zurück. Sie sprechen ihre eigene Sprache, sind blauäugig und hellhäutig. Extra für uns legen die Einwohner ihre traditionelle Tracht an und führen Tänze vor. Natürlich werden wir dann auch aufgefordert mit zu machen, was für alle nach anfänglicher Scheu ein Spaß wird. Wegen des üppigen Blumenschmucks auf dem Kopf werden die Frauen auch „Blumenfrauen“ genannt.
Kleine Treckingtour
Von Tserkarmo aus unternehmen wir ebenfalls wieder verschiedene Ausflüge zu Klöstern und zwei kurzen Wanderungen auf dem sog. „Baby-Trek“. Aufgrund verschiedener Umstände wird die ursprünglich geplante 3-Tages-Wanderung geschrumpft, was aber durch die Schönheit der Landschaft dem Wander-Erlebnis keinen Abbruch tut.
Überhaupt kommt es immer wieder und gegen Ende der Reise vermehrt zu unvorhergesehenen Widrigkeiten und auch Befindlichkeiten innerhalb der Gruppe, die eine Planänderung erforderlich machen. Entsprechend schrumpft unsere Gruppe im Verlauf der Tour auch etwas. Aber Lama Samten ist nicht nur ein Ruhepol, sondern auch ein Organisations-Genie und es gibt nichts, was er nicht zur Zufriedenheit (fast) aller lösen könnte.
Mit dem Aryan-Valley, Nubra und dem Pangong-See haben wir auf unserer Reise auch drei abgelegenere Ziele auf unserer Route.
Kloster Likir
Khardug La 5480m
Nubra Valley
Der Shyok Fluss in Nubra teilt Himalaya und Karakorum. Landschaftlich unglaublich schön und faszinierend, dass es hier richtig weitläufige Sanddünen inmitten des Hochgebirges gibt. Bei Hunder in den Dünen gibt es für Touristen sogar Bogenschießen, Quadfahren und Kamelreiten. Und am Abend zieht ein Sandsturm auf, dass man glaubt, in einer Sandwüste zu sein und nicht im Himalaya.
Kloster Diskit
Heinz und Rudi
Pangong See
Der Pangongsee mag ein herrliches Bild abgeben, wenn er blaugrün leuchtet und sich die angrenzenden Berge darin spiegeln. Wir haben leider Pech und ein Wetterumschwung tut das Erlebnis im wahrsten Sinne des Wortes trüben. Schon während der stundenlangen Anfahrt über holprige Pisten fängt es an zu regnen. Den See sehen wir nur mit Regenmantel und in graue Wolken gehüllt. Außerdem ist es so kalt, dass die Gruppe (bzw. der Rest der Gruppe, der bis hierher mitgekommen ist) abends mit Schlafsack und Mütze im Aufenthaltsraum der Unterkunft zusammensitzt. Zum Glück hat jemand Rum dabei, den wir in den lauwarmen Tee kippen können. Trotzdem lasse ich es mir nicht nehmen, ein kurzes Bad im See zu wagen – wenn ich schon mal hier bin.
Auch am nächsten Tag regnet es noch und so treten wir gleich morgens die Rückfahrt nach Leh an. Durch den Regen, der in höheren Lagen als Schnee runterkommt, sind mittlerweile alle Pass-Straßen gesperrt. Anderswo gab es Verschüttungen durch Erdrutsche. Dank unserer Fahrer kommen wir dann aber in einer fast 14-stündigen Fahrt über einen Umweg wieder in Leh an. Und selbst um 22:30 Uhr werden wir noch mit einem Dinner empfangen. Was ein Service!
Warten auf den Dalai Lama
Zum Abschluss gibt es noch ein nicht ganz alltägliches Erlebnis in Leh. Der Dalai Lama, der in Choglamsar eine Sommerrresidenz hat, soll kommen. Der erste Versuch schlägt fehl, da wegen des schlechten Wetters seit Tagen keine Flieger kommen können. Nach stundenlangem Warten am Straßenrand löst sich die Menschenmenge irgendwann auf. Am nächsten Tag haben wir mehr Glück. Es klart auf und die ersten Flieger sind am Himmel zu sehen. Die Einheimischen haben sich chic herausgeputzt, teilweise Trachten angezogen, bringen Blumen, Räucherstäbchen und weiße Schals mit. Mönche, Schulkinder, Frauen, Männer säumen die Straßen, auf denen sich noch Autos, Kühe und Militär bewegen. Gegen Mittag zieht dann der Konvoi vorbei. LKW und Pick-Up, auf deren Ladefläche die Repräsentanten von Ethnien und Klöstern stehen, singen und tanzen. Dann eine Reihe von geschlossenen PKW. Und schwups – in einem dieser PKW sitzt der Dalai-Lama und winkt durch das geschlossene Fenster. So schnell ist er vorbei, dass ich es gar nicht richtig mitbekomme. Da bin ich jedoch nicht die einzige… Aber egal, räumlich so nah war ich dem geistlichen Oberhaupt Tibets noch nie!
Leh
Und das höchstgelegene Globetrotter-Treffen der Welt? Hat stattgefunden! Wenn auch nicht ganz so, wie geplant.
Unterwegs sind wir über den 5.359 Meter hohen Khardung-La gekommen, einen der höchsten befahrbaren Pässe der Welt. Die Luft ist dünn, es ist kalt und es liegt Schnee. Es ist viieeel los, denn nahezu jeder, der über diesen Pass kommt, möchte nicht nur ein sondern gleich mehrere Fotos haben von sich und dem „magischen“ Stein, auf dem Name und Höhe es Passes zu lesen sind. Da gibt es schon mal Gedränge, langes Warten, bei dem ein oder anderen liegen die Nerven blank und es kommt zu tumultartigen Zuständen beim Kampf um das Foto-Shooting. Das hat letztlich dazu geführt, dass es kein vollständiges, harmonisches Gruppenfoto mit dzg-lern auf diesem Pass gibt. Aber – es haben sich zur selben Zeit auf diesem Pass einige dzg-ler versammelt und Rudi konnte sogar den dzg-Aufkleber am Stein anbringen. Das kann man laut Definition wohl als höchstgelegenes Globetrotter-Treffen der Welt gelten lassen!
Unterm Strich hat jeder diese Reise auf seine Art erlebt und jeder wird das „Experiment“ rückblickend anders bewerten. Ich für meinen Teil fand es eine tolle und erlebnisreiche Tour, die ich nicht missen möchte, die mich in vielerlei Hinsicht reicher und erfahrener gemacht hat. An dieser Stelle auch nochmal ein ganz großes Dankeschön an Lama Konchok Samten, Mister Crazy Heinz, Chaos-Rudi, ebenso wie an unsere Fahrer „Boss“ Rigzin, Tashi 1, Tashi 2, Mustafa und alle anderen, die diese Riese ermöglicht und zu dem gemacht haben, was sie war!
Und wer weiß, Ladakh hat mich vielleicht nicht zum letzten Mal gesehen… In diesem Sinne Jullay und Lhagyallo!”
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2023 Nordindien 1 – Zanskar | Paulchen on Tour (paulchen-on-tour.de)