19.08. – 02.09.2016
Fahrstrecke: 1935 km
Gesamtstrecke: 22335 km
Strecke: Kurya, Biysk, Gorno-Altaisk, Ust Kan, Tyungur, Kurata,
Die Grenzformalitäten waren schnell erledigt und schon befanden wir uns in Russland, präziser in Sibirien. Wir waren gespannt was uns erwarten würde.
Zunächst wollten wir Wasser auffüllen, so fragte Achim an einer Tankstelle. Nachdem der Tankwart unser Anliegen verstanden hatte, holte er das benötigte Werkzeug zusammen: Eimer, Pumpenschwengel… Wir hatten eher an einen Wasserschlauch gedacht und setzten unsere Suche fort. Am Straßenrand entdeckten wir einen jungen Mann, der ein Auto wusch und einen Schlauch im Einsatz hatte. Angehalten, kurz gefragt, nein kein Problem ihr könnt hier füllen. Währenddessen kam aus dem Laden nebenan ein Mann herbei und fragte ob wir denn eine SIM Karte benötigten. Ja brauchen wir, wo gibt es die? Er ging zurück in seinen Laden und kam mit einem neuen SIM Startpaket zurück. Okay, was müssen wir bezahlen? Nichts, ist schon gut, ich arbeite dort. Und als der Mann entdeckte, dass wir noch ein zweites Handy haben, holte er noch ein weiteres Startpaket mit 10 Tagen unbegrenzten Daten herbei. Das war wirklich ein netter Einstieg in dieses „böse“ Russland.
Die ersten beiden Tage war ´Strecke machen´ angesagt. Das Wetter war ohnehin trübe und wir fuhren auf Nebenstraßen durch das ländliche Sibirien nach Biysk. Die Route führte uns vorbei an endlosen, kilometerlangen Feldern und durch kleine Dörfchen mit den typischen Holzhäusern.
Neben modernen Häuser gibt es noch diese hier
Kurz hinter Biysk hielten wir am Ethik Park und statteten Artjom einen Besuch ab. Er ist Schamane und Künstler. Obwohl Dreharbeiten zu einem Spielfilm auf dem Gelände liefen wurden wir doch durch den wunderschön angelegten Garten mit verschiedenen spirituellen Einrichtungen, wie Steinkreis, Urmutter „Baba“ und Schamanenplatz geführt. Auch trafen wir Artjom, der etwas Deutsch spricht, persönlich.
Schamanismus bezeichnet im engen Sinne die traditionellen ethnischen Religionen des Kulturareales Sibirien (Nenzen, Jakuten, Altaier, Burjaten, Ewenken, auch europäische Samen u. a.), bei denen das Vorhandensein von Schamanen als wesentliches Kennzeichen erachtet wurde. Sibirische Schamanen hatten oder haben in vielen traditionellen Weltanschauungen Einfluss auf die Mächte des Jenseits. Sie setzten ihre Fähigkeiten vorwiegend zum Wohle der Gemeinschaft ein, um in unlösbar erscheinenden Krisensituationen die „kosmische Harmonie“ zwischen Diesseits und Jenseits wiederherzustellen. In diesem weiten Sinne bezeichnet Schamanismus eine Reihe unscharf bestimmter Phänomene „zwischen Religion und Heilritual“.
Zeremonieplatz
Schamane Artjom
Weiter ging unsere Fahrt entlang des Flusses Katun nach Gorno Altaisk, der Hauptstadt der Republik Altai. Entlang der Straße befanden sich viele Verkaufsstände, die Honig und andere lokale Produkte anboten.
Schmeckt grausig, aber macht duselig!
Die Republik Altai ist eine autonome Republik im asiatischen Teil Russlands. Die Republik liegt im südwestlichen Sibirien im nördlichen Altaigebirge (Russischer oder Hoher Altai). Sie grenzt an Kasachstan, China und die Mongolei. Aufgrund der malerischen Lage im Gebirge mit vielen Seen und Flüssen wurde der Region die Bezeichnung „Russisches Tibet“ gegeben.
Die gebirgige Republik ist mit ca. 200.000 Einwohnern dünn besiedelt. Von diesen wohnt mehr als ein Viertel in der Hauptstadt Gorno-Altaisk.
Namensgebendes Volk sind die Altaier, ein Turkvolk. Sie machen jedoch nur eine Minderheit (etwa 30 %) der Bevölkerung aus. Die (langsam schwindende) Mehrheit bilden die Russen. Die einzig nennenswerte weitere Minderheit sind mit ca. 6 % die Kasachen.
Gorno Altaisk, St. Macarius Kirche
Abends fanden wir einen Nachtplatz direkt am Flussufer. Dass die Uferstreifen gerne für Picknicks und Lagerfeuer genutzt werden sieht man vielerorts leider an dem reichlich vorhandenen Müll.
Da unsere Vorderreifen ungleichmäßig abgefahren waren, wollte Achim die Reifen tauschen und machte sich ans Werk. Er konnte die Arbeiten schon bald wieder einstellen, denn in der Werkstatt in Bischkek hatte man die Radmuttern mit dem Schlagschrauber dermaßen fest angeknallt, dass er sie mit dem Radmutternschlüssel unmöglich aufbekam. Also machten wir uns am nächsten Morgen auf den Weg und suchten eine Reifenbude für LKW. Wir fanden einen Landmaschinenhandel, aber leider ohne Werkstatt. Dima aus der Chefetage kam heraus zum Auto und versuchte unser Problem zu verstehen. Dank ´Google Übersetzer´ klappte die Verständigung. Dima signalisierte ´kein Problem, folgt mir´ und stieg in seinen Wagen. Er brachte uns zu einer Reifenbude, wo die Muttern gelockert wurden. Dima schlug vor, doch für die Zukunft einen LKW Drehmomentverstärker parat zu haben und klapperte dann noch einige Werkzeug Geschäfte mit uns ab bis das richtige Gerät gefunden war. Einen Tipp für einen schönen Abstecher von der Hauptstraße hatte er auch noch für uns und danach trennten sich unsere Wege wieder.
Irgend etwas ging hier schiefLecker Essen. Prost!
Ein Stück weiter südlich verlässt die Straße den Katun und wird nun Chuysky Trakt genannt. Wir suchten einen ebenen Platz und Achim begann mit dem Reifentausch als ein Mercedes G zu uns abbog. Das Autokennzeichen war uns gänzlich unbekannt. Es waren Sayaka und Taka aus Japan auf ihrer Reise in den Westen, nach Europa und Nordamerika (www.sayakakametani.wixsite.com/overlander). Sie wollten den Nachtplatz mit uns teilen. Da es recht kühl war und zu regnen begann, luden wir die Beiden zu uns in den LKW ein. Bei Bier und einer japanischen Reisspezialität, der Name ist uns entfallen, tauschten wir Informationen aus und erzählten von unseren Reiseerlebnissen. Erst spät krabbelten sie in ihren kalten Wagen. In dieser Nacht hatte es -3° Frost. Am nächsten Morgen gab es für alle ein deutsches Frühstück mit heißem Kaffee zum Aufwärmen. Zum Abschied beschenkten uns die Beiden noch mit einer japanischen Kalligraphie, bevor sie ihre Fahrt nach Norden fortsetzten.
Reifen einseitig abgefahren, also drehen.
Sayaka und Taka aus Japan Link zum Blogeintrag vom 22.08.2016
Freunde zu Besuch Link zum Blogeintrag vom 23.08.2016
Wir fuhren ein Stück weiter auf der Hauptstraße und erklommen den Seminsky Pass. Auf der Höhe waren viele Verkaufsstände aufgebaut, die überwiegend mongolische Wollsachen im Angebot hatten.
Wollsachen aus der Mongolei
Bald verließen wir den Chuysky Trakt. Wir wollten mehr vom Altai sehen und machten uns auf nach Tyungur, dem Ende dieser knapp 300km langen Sackgasse.
Der Supermarkt
Hier hat man noch Zeit für ein Schwätzchen.
Ländliche Idylle
Man beachte die blaue Telefonzelle
Die Straße war durchweg gut befahrbar, teils Teer, teils Piste. Eine Genehmigung braucht man wohl nicht, Schilder in Englisch wiesen darauf hin, dass man Pass und Dokumente mitführt. Für Hikingtouren ins Grenzgebiet ist eine besondere Genehmigung notwendig.
Wir fuhren durch weite Täler, meist eingebettet in grüne, bewaldete Bergketten und entlang der Flüsse Koksa und Katun. Die Wälder bestehen meist aus Nadelbäumen, darunter viele Lärchen. Der vorherrschende Laubbaum ist die Birke.
Immer gut noch ein PS mehr dabei zu haben.
Die Täler werden zu einem guten Teil landwirtschaftlich genutzt, zum Getreideanbau und zur Heuernte. Hierbei kommen neben Traktoren und Mähdreschern auch noch ganz traditionelle Gerätschaften zur Anwendung.
Die meisten Felder waren schon abgeerntet und man sah an der Färbung von Laub und Wiesen, dass der Herbst vor der Türe steht.
Der Fluss Koksa
Die Landschaft wirkte so natürlich und total friedlich auf uns. Durch die Wälder und Täler streiften Herden von Pferden und Rinder, die Jungtiere immer dicht bei den Müttern.
Birkenwald
Nach zwei Tagen erreichten wir schließlich das letzte Dorf an dieser Strecke, Tyungur. Hier erhascht man auch den einzigen Blick in Richtung Belukha, mit 4456m der höchste Berg in Sibirien.
Im Dorf überspannt eine Hängebrücke den Katun. Auf der anderen Seite haben sich die Anbieter für Trekkingtouren und Hubschrauberrundflügen niedergelassen.
Wir haben uns nicht getraut, einige Bohlen waren durchgebrochen.
Bei der Frage, ob wir die Brücke mit dem LKW überqueren können gingen die Meinungen der Anwohner doch sehr auseinander. Nach Inspektion und Probebegehung entschieden wir uns gegen die Befahrung.
Nach Tyungur folgten wir dem Katun noch ein Stück auf einer kleinen Piste und entdeckten am Flussufer einen wunderschönen Übernachtungsplatz. Hier entspannten wir noch in der wärmenden Sonne, denn nach Sonnenuntergang kühlte es ganz rasch ab.
Das Ende der 300 km langen Sackgasse.
Nachtplatz am Katun
Kein Fisch, aber Bier schmeckt trotzdem
Morgens mit verschwommenen Augen
…langsam wird´s besser
na geht doch!
Der Belukha 4458m hoch
Das Heu muss heim!
Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Rückweg. Der nächste Nachtplatz lag auf einer Anhöhe mit freier Sicht auf den unglaublichen Sternenhimmel mit der Milchstraße.
Die Milchstraße
Ust Kan, Einkaufzentrum